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Glossar

Barrieren

Barrieren versperren Zugänge. Barrieren werden nicht von allen als gleichermaßen hinderlich empfunden, da individuelle Fähigkeiten, körperliche und geistige Verfassung eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob wir in der Lage sind, sie zu überqueren. Unterschiedliche Arten von Barrieren sind

Räumliche Barrieren

  • Vertikale Barrieren (Höhenunterschiede, wie Stufen und Schwellen)
  • Horizontale Barrieren (verhindern Passieren, wie schmale Türrahmen)
  • Einrichtungen (Möblierung, die Bewegungsraum einschränkt)
  • Anthropometrische Barrieren (unerreichbare Bedienelemente, wie Schubladen und Schalter)
  • Ergonomische Barrieren (fehlende Haltegriffe, Sitzgelegenheiten und Handläufe)
  • Digitale Barrieren (verhindern Vorlesefunktion in PDFs und auf Webseiten)

Sprachliche Barrieren (schließen sprachlichen Zugang zu Angeboten aus, wie fehlende Gebärdendolmetscher*innen)

Sensorische Barrieren (Beeinträchtigung des Hör-, Seh- und Tastsinns, wie schlechtes Licht und fehlende Beschilderung)

Soziale Barrieren (verhindern Begegnung und diskriminieren)

Aufgabenbezogene Barrieren (setzen körperliche oder kognitive Voraussetzungen, die nicht durch alle leistbar sind) und

Institutionelle Barrieren (verhindern den Zugang zu Mitgliedschaften und Teilhabe).

Barrierefreiheit

garantiert bauliche und inhaltliche Zugänglichkeit für die Bedürfnisse aller Menschen. Barrierefreie öffentliche Orte, Dienstleistungen und Kulturangebote sind so gestaltet, dass sie ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Es wird in nachgeordnete und integrierte Barrierefreiheit unterteilt. Nachgeordnete Barrierefreiheit umfasst begleitende Maßnahmen der Teilhabe, während integrierte Barrierefreiheit bereits konzeptionell mitdenkt und nicht ausschließlich in der Vermittlung befasst (z.B. Aesthetics of Access). Bauliche Barrierefreiheit orientiert sich an der Norm DIN 18040. Inhaltliche Barrierefreiheit basiert auf Öffnungsprozessen im Personal, Programm und Publikum in Kunst und Kultur.

Barriereabbau

wird umgangssprachlich oft synonym mit Barrierefreiheit und Inklusion verwendet. Barriereabbau wird von Aktivist*innen mit Behinderung bevorzugt verwendet, wenn es sich um einen Prozess handelt, der nicht abgeschlossen ist. Barrierefreiheit bedeutet, dass eine bauliche und inhaltliche Zugänglichkeit für alle Menschen bereits gegeben ist oder angestrebt wird. Ein Barrierenabbau verdeutlicht, dass noch Barrieren existieren, die schrittweise abgebaut werden müssen.

Disability Mainstreaming

integriert die Perspektive von Menschen mit Behinderung und hat die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zum Ziel. (Kultur)politische Grundlage von Disability Mainstreaming ist die UN-BRK. Disability Mainstreaming in Kunst und Kultur umfasst beispielsweise das Schaffen von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen in Kunst und Kultur, die Vernetzung mit Kulturschaffenden mit Behinderungen sowie Selbstvertretungen, aber auch der selbstbestimmten Beteiligung von Menschen mit Behinderung an Kunst und Kultur.

„behindert werden“

verdeutlicht, dass nicht körperliche Gegebenheiten selbst behindern, also der Mensch behindert ist, sondern gesellschaftliche und räumliche Barrieren Menschen aktiv behindern. Behinderungen äußern sich insbesondere durch Barrieren und fehlende Zugänge.

Menschen mit Behinderungen/ mit Beeinträchtigungen

Sind die Selbstbezeichnungen, die Menschen mit Behinderungen verwenden. Arten der Behinderungen, die darunterfallen, sind körperliche Behinderungen, psychische Erkrankungen, Gehörlosigkeit, Schwerhörigkeit, Sehschädigungen, Lernbehinderungen, Sprachbehinderungen und Verhaltensstörungen. Von dem Begriff „geistige Behinderungen“ wird mittlerweile abgesehen – stattdessen wird die Bezeichnung Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen empfohlen, die ebenfalls eine Art der Behinderung sind.

Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen

wird in den „Teilhabeempfehlungen für eine inklusivere Gesellschaft – auch für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen“ durch den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen als angemessenere Alternative für die Fremdbezeichnung „Menschen mit geistigen Behinderungen“ vorgeschlagen. Dabei handelt es sich nicht um eine abschließende Entscheidung, da Selbst- und Fremdbezeichnungen stark von gesellschaftlichen Veränderungen beeinflusst werden. Der Vorschlag reagiert darauf, dass Selbstvertretungen von Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen die Bezeichnung „Menschen mit geistigen Behinderungen“ als diskriminierend und verletzend wahrnehmen. Der Begriff gilt deshalb nicht mehr als zeitgemäß.

„nothing about us without us“

bedeutet übersetzt „nichts über uns ohne uns“. Der englische Slogan verdeutlicht, dass Politik nicht ohne die umfassende und direkte Teilhabe von Menschen stattfinden soll, die von diesen politischen Regelungen betroffen sind. Der Slogan stammt aus der Behindertenbewegung der 90iger Jahre und wird heute von marginalisierten Gemeinschaften weltweit genutzt.

Der diskriminierungskritische Diversitätsbegriff

steht nicht allein für die gesellschaftliche Vielfalt, sondern fokussiert die Unterschiede in Menschen, die zu Ausschlüssen und Diskriminierungen führen. Diskriminierungsdimensionen, die dafür relevant sind, werden in der Charta der Vielfalt und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz formuliert.

Inklusion

bedeutet den Einschluss aller Menschen an der gesellschaftlichen Teilhabe. Das jegliche Bereiche des Lebens – eben auch Kunst und Kultur als Orte künstlerisch-kultureller Teilhabe. Inklusion heißt auch, dass Menschen mit Behinderung sich nicht an vorhandene Strukturen anpassen müssen, sondern diese Strukturen bereits auf ihre Bedürfnisse angepasst sind. Ziel von inklusiven Maßnahmen ist es also, bestehende Strukturen barrierefrei zu gestalten und Barrieren abzubauen.

Gehörlosenkultur

beruht auf der Gebärdengemeinschaft der Gehörlosen und entstand in Gehörlosenzentren und –vereinen in den 80iger Jahren. Wichtige Bestandteile der Gehörlosenkultur sind Sport (Deutscher Gehörlosen-Sportverband, Deaflympics) und vor allen Dingen auch Kultur. Gehörlosenkultur findet Ausdruck in Gebärdensprachpoesie, Zeitschriften (Deutsche Gehörlosenzeitung, Life inSight, HearZONE), Verlagen (Verlag hörgeschädigte Kinder, Verlag Karin Kestner), dem Gehörlosentheater (Deutsches Gehörlosen-Theater, Deutsches Gehörlosen-Theater-Festival), Pantomimen, Gebärdenrap, Tanz, Zauberei, Videoprojekten und bildender Kunst. Teil der Gebärdenkultur sind auch die Deutschen Kulturtage der Gehörlosen. Zentraler Aspekt der Gehörlosenkultur ist die Gebärdensprache. Sie wird von der tauben Gebärdesprachgemeinschaft als Grundlage ihrer eigenen Kultur verstanden und steht für eine solidarisch geprägte Sprach- und Kulturgemeinschaft. Taub Sein ist dabei klar als Lebensgefühl definiert und keinesfalls als Defizit. Im englischen steht das Wort „Deaf“ für die kulturelle Identität Gehörloser. Sie steht mit ihrer Großschreibung im Kontrast zum Wort „deaf“, dass sich auf das nicht-hören-können fokussiert.

Kulturalismus

bezeichnet kulturalisierende Denkweisen, in denen Kultur mit „Rasse“ gleichgesetzt wird. Menschen anderer Herkunft werden auf eine nationale Kultur reduziert. Die individuellen Verhaltensweisen, Einstellungen und Ausdrucksweisen eines Menschen werden auf seine Kultur reduziert. Diese Kulturalisierung basiert oft auf Fremdwahrnehmungen und –zuschreibungen und haben wenig mit einzelnen Individuen zu tun. Kulturalistische Argumentationen verstärken gesellschaftliche Bilder von einer zweigeteilten Gesellschaft, die in ein „Wir“ und ein „die Anderen“ klar teilbar ist.

Ableismus

heißt, dass Menschen mit (zugeschriebener) Behinderung strukturell diskriminiert werden. Ableismus unterscheidet Menschen mit und ohne Behinderungen beispielsweise an Produktivitäts-, Schönheits- und Gesundheitsnormen. Besonders bezeichnend für Ableismus ist, dass diskriminierende Handlungen und Aussagen oft mit vermeintlich „guter Absicht“ geschehen. Sie infantilisieren Menschen mit Behinderungen und bevormunden sie, nehmen ihnen so also ihre Autonomie und Selbstbestimmung.

Alltagsrassismus

offenbart sich zumeist in vermeintlich neutralen, positiven oder neugierigen Aussagen, Fragen, Gesten, Handlungen und Blicken. Alltagsrassismus findet oft in Form von Mikroagressionen statt, also alltäglichen verbalen oder nonverbalen Handlungen, die vor allen Dingen marginalisierte Gruppen treffen. Dazu beispielsweise das (un)bewusste Ignorieren und Unterbrechen von Redebeiträgen, invasive Nachfragen zu angenommenen kulturellen Unterschieden, diskriminierende Witze und sterotypisierende Kommentare über Aussehen und Gebärden. Alltagsrassismus stärkt die Trennung von einem konstruierten „Wir“ und „die Anderen“, in dem rassistisch markierte Personen „die Anderen“ darstellen.
Indem Menschen auf rassifizierte Merkmale (z.B. Aussehen, Sprache, Name, Kultur) reduziert werden, wird ihnen ihre Individualität genommen. Alltagsrassismus findet regelmäßig und fortdauernd statt und schafft es so, permanent ein fehlendes Gefühl der Zugehörigkeit entstehen zu lassen. Das beeinflusst auch das Selbstbild der betroffenen Personen.

Aesthetics of Access

ist ein Verfahren, bei dem Mittel der Barrierefreiheit als ästhetische Bestandteile eines künstlerischen oder kuratorischen Gesamtwerks genutzt werden. Die Mittel der Barrierefreiheit sind nicht nur Zugänge für das Publikum sowie die Künstler*innen, sondern ermöglichen neue ästhetische und kreative Möglichkeiten für Kunst und Kultur. Barrierefreiheit wird in der Kunstproduktion von Anfang an mitgedacht und ist kein nachgeordneter Zugang oder ein unauffälliges Serviceangebot, sondern zentraler Faktor für den künstlerischen Prozess. Aesthetics of Access beteiligt deshalb auch immer Künstler*innen mit Behinderungen am Schaffensprozess. Der Begriff wurde durch die „Green Theatre Company“ geprägt. Aesthetics of Access ist eine Praxis, die vor allen Dingen in den Darstellenden Künsten genutzt wird.

Relaxed Performance

Ist ein Format, dass zu einer entspannten Atmosphäre und reizarmen Umgebung beiträgt. Relaxed Performances sind Darbietungen in entspannter Atmosphäre, bei der das Publikum kulturelle Einrichtungen unter barrierefreien Rahmenbedingungen außerhalb üblicher Konventionen erfährt. Das Format richtet sich nach den Bedürfnissen des Publikums. Das kann zum Beispiel durch geöffnete Türen, nicht vollständig abgedunkelte Räume, ausreichende Pausen und eine flexible Bestuhlung mit ausreichend Platz zum Bewegen mit dem Rollstuhl umgesetzt werden. Eine Relaxed Performance kann mit den üblichen Konventionen von Kultureinrichtungen brechen und Raum schaffen für unkontrollierbare Geräusche und Bewegungen, das nicht-stillsitzen-können, laut sein, den Verzicht von ausgewählten Geräusch- und Lichteffekten, Auszeiten und Rückzugsorte, Begleitpersonen und einen früheren Einlass zur Akklimatisierung.

Stille Stunde

ist ein Konzept, dass zuerst in Supermärkten ausprobiert wurde, um Autist*innen einen reizarmen Einkauf zu ermöglichen. Das Konzept kann auch auf kulturelle Einrichtungen abgewandelt werden. Grundlagen zur Umsetzung einer Stillen Stunde einer reizarmen Atmosphäre sind geringe Besucher*innenzahl, kein Gedränge, Assistenzen als Unterstützung, kein Schlange stehen für den Ticketerwerb und gedimmte oder ausgeschaltete Musik, Geräusche und Beleuchtung, Ruheräume. Begleitend werden kann das Angebot durch einen Orientierungsplan, der auf Reize hinweist, eine (Foto-)Anleitung zu den Rahmenbedingungen der Kultureinrichtung oder Vermittlungsformate mit reizarmem Besucher*innenkontakt.

Audismus

Ist die Diskriminierung Tauber Menschen. Indem Hören, Sprechen und die höhrende Mehrheitsgesellschaft als Norm betrachtet werden und Taube Menschen als „defekt“ betrachtet und herabgesetzt werden, wird ein Leben ohne Gehör als minderwertig diskriminiert. Ein Bestandteil des Audismus ist auch die Herabsetzung der Gehörlosenkultur und der Gebärdensprache, die als weniger wert betrachtet wird. Die Herabsetzung der Gebärdensprache als inkorrekte formulierte Lautsprache diskriminiert insbesondere die Gemeinschaft der Gehörlosen sowie ihre Intelligenz. Deutsche Gebärdensprache ist eine komplexe visuell-manuelle Sprache mit einer Grammatik, die unabhängig von der Deutschen Lautsprache ist.

Deutsche Gebärdensprache

wird auch als DGS abgekürzt. Die visuell-manuelle Sprache wird vor allen Dingen von gehörlosen und schwerhörigen Menschen in Deutschland, Belgien und Luxemburg gesprochen und weist ebenso wie die Deutsche Lautsprache Dialekte auf. Die Wörter der Deutschen Gebärdensprache sind Gebärden. Deutsche Gebärdensprache wird gleichermaßen über Handzeichen, Mimik und Körperhaltung gesprochen. Das Mundbild, die Bildsprache und Gefühle sind aktiv Ausdruck und Teil von DGS. Deutsche Gebärdensprache hat eine eigenständige Grammatik (Subjekt-Objekt-Verb), die ungleich der Deutschen Lautsprache ist. Deutsche Gebärdensprache ist ein zentraler Teil Deutscher Gehörlosenkultur.

Diversitätsorientierte Organisationsentwicklung

Setzt es sich zur Aufgabe, gesellschaftliche Vielfalt in Organisationen besser abzubilden. Dazu gehört der Abbau (struktureller) Diskriminierung, verbesserte Zugangsmöglichkeiten zur Organisation und ein wertschätzender Umgang mit Diversität in der Organisation. In Kunst und Kultur sind Programme wie 360 Grad der Kulturstiftung des Bundes ein Beispiel für diversitätsorientierte Organisationsentwicklung. Das Programm fokussiert sich auf Programm, Publikum und Personal, die Grundpfeiler für Verbesserungen in der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung in Kultureinrichtungen sind.

Empowerment

Steht für Selbstermächtigung und Selbstbefähigung. Der Begriff stammt aus der US-amerikanischen Bürgerrechts- und Selbsthilfebewegung. Empowerment ist ein Prozess, bei dem benachteiligte Menschen ihr eigenes Potential entwickeln und Fähigkeit nutzen, um an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen teilzuhaben. Zentral für Empowerment ist das eigenmächtige, selbstverantwortliche und selbstbestimmte Vertreten eigener Interessen. In Kunst und Kultur würde Empowerment die Selbstermächtigung marginalisierter Personen zur künstlerisch-kulturellen Teilhabe als Produzent*innen und Konsument*innen von Kunst und Kultur bedeuten.

Institutioneller Rassismus

Wird in direkter und indirekter Form umgesetzt. Direkter institutioneller Rassismus hat formelle und informelle Regeln, die in einer konkreten Unterscheidung und Ungleichbehandlung von rassistisch markierten Menschen resultiert. Indirekter institutioneller Rassismus hält formelle und informelle Regeln der Gleichbehandlung ein und sieht diese sogar als Teil seines Selbstverständnisses, schafft aber Gleichheit vor Gerechtigkeit (Equality vs. Equity). Indem durch die Gleichbehandlung die unterschiedlichen Voraussetzungen einer Person sowie von marginalisierten Personengruppen nicht berücksichtigt werden, erfolgt dadurch indirekter institutioneller Rassismus. Institutioneller Rassismus schränkt Möglichkeiten der Partizipation für marginalisierte Menschen ein.

Intersektionalität

Bezeichnet das Zusammenwirken verschiedener Kategorien von Differenzen. Um ein umfassendes Verständnis der Diskriminierung zu erhalten, die ein Mensch erfährt, muss auch betrachtet werden, welche Differenzkategorien sich auf seine Lebensrealität auswirken. So erfahren beispielsweise eine Weiße Frau und eine Schwarze Frau nicht ausschließlich dieselbe Form der Diskriminierung. Differenzkategorien werden in der Charta der Vielfalt beschrieben.

Ageismus/ Altersdiskriminierung/ Altendiskriminierung

Heißt, dass Personen oder Gruppen aufgrund ihres zugeschriebenen Lebensalters diskriminiert werden. Sie werden entlang ihrer Leistungsfähigkeit diskriminiert und ihnen wird ihre Autonomie genommen. Oft werden sie durch Barrieren aktiv vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Strukturelle Altendiskriminierung resultiert in der Vereinsamung alter Menschen, da ihnen gesellschaftliche Teilhabe verwehrt wird.

Antimuslimischer Rassismus

Basiert auf kulturalistisch argumentiertem Rassismus (siehe Kulturalismus). Antimuslimischer Rassismus richtet sich gegen Muslim*innen und Menschen, die als Muslim*innen wahrgenommen werden. Sie werden entlang von Merkmalen wie ihrem Aussehen, ihrem Namen, ihrer Staatsangehörigkeit und ihrer Kleidung als kulturell „Andersartig“ konstruiert und einem „Wir“ gegenübergestellt, dass „die deutsche Kultur“ wiederspiegelt. Verallgemeinernde, diskriminierende und stereotypisierende Fremdzuschreibungen als „Sicherheitsrisiko“, „unzivilisiert“, „integrationsunfähig“ und „rückständig“ werden auf einzelne Individuen übertragen. Indem antimuslimischer Rassismus ein „Wir“ und „die Anderen“ herstellt, kann ein nationales Bild einer homogenen Gesellschaft erzeugt werden, dass nicht der Wahrheit entspricht. Entgegen der Gewaltbereitschaft und Macht, die damit auf Muslim*innen zugeschrieben wird, werden dadurch vor allen Dingen die Macht und Privilegien der konstruierten „Wir-Gemeinschaft“ gestärkt.

Antisemitismus

Ist nach Definition der International Holocaust Remembrance Alliance „eine bestimmte Wahrnehmung von Juden (…)“. Es geht also weniger ausschließlich um Judenhass, Judenfeindlichkeit und Judenfeindschaft, sondern konkret darum, dass als jüdisch wahrgenommene Personen mit einer Sichtweise bedacht werden, die sie nicht als Individuen, sondern als Ergebnis von stereotypen und diskriminierenden Verallgemeinerungen über jüdische Menschen darstellt. Denn Juden und Jüdinnen sind genauso unterschiedlich und vielfältig wie Angehörige anderer Religionen und Kulturen. Es handelt sich um Antisemitismus, wenn aus der Gruppenzugehörigkeit zum Judentum Eigenschaften Einzelner abgeleitet werden.

Rassismus

Ist ein Prozess, bei dem Menschen aufgrund von tatsächlichen oder vermeintlichen Merkmalen wie Hautfarbe, Herkunft oder Sprache ausgegrenzt und diskriminiert werden. Rassismus wird eine vermeintliche Ungleichheit als Argumentationsbasis zugrunde gelegt, die an angeblichen biologischen Unterschieden festgemacht wird.

Unsichtbare Behinderungen

Sind entgegen sichtbarer Behinderungen nicht auf den ersten Blick erkennbar. Ihre Unsichtbarkeit führt dazu, dass Betroffene von der Gesellschaft weder anerkannt noch verstanden werden. Menschen mit unsichtbaren Behinderungen sind oft Anschuldigungen ausgesetzt, die sie als Simulant*innen darstellen. Da ihre Behinderung nicht sofort visuell erfassbar ist, wird sie von Außenstehenden oft nicht als real gewertet. Vielen Arten der Behinderung entstehen erst im Laufe des Lebens und bleiben auf den ersten Blick unerkannt.

Struktureller Rassismus

ist der systematische Ausschluss nicht-weißer Menschen aus der Gesellschaft. Konkret betrifft das die ungleiche Verteilung von Zugängen, Ressourcen und Privilegien. Struktureller Rassismus wirkt im Zusammenspiel von interaktionalen, institutionellen und gesellschaftlich-kulturellen Ebenen. Struktureller Rassismus muss auf der Mikroebene (Individuum), der Mesoebene (Institutionen) und der Makroebene (Staat, Gesellschaft) bekämpft werden.

Vielfalt

steht für das Nebeneinander und Miteinander in einer Gesellschaft. Sie entsteht, indem Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven und Differenzen – zum Beispiel in Alter, Geschlecht, Ethnizität und körperlichen und geistigen Fähigkeiten – gemeinsam in einer Gesellschaft leben. Die Begriffe „Vielfalt“, „Diversität“ und „Diversity“ werden oft synonym verwendet, es bestehen jedoch Unterschiede, denn der Begriff Vielfalt blendet strukturelle Folgen von sozialer Zugehörigkeit zumeist aus.

Weiß / Weißsein

meint die Positionierung und soziale Zuschreibung Weiß in einer rassistisch strukturierten Gesellschaft. Denn Rassismus weist Weißen Menschen einen bestimmten Ort zu, der in der Hierarchie von Privilegien und Dominanzerfahrungen geprägt ist und als Maßstab für nicht-Weiße Menschen verwendet wird. Weißsein ist definiert von historischen, sozialen und geografischen Umständen und ist deshalb nicht frei von gesellschaftlichem Wandel, da es sich dabei um ein Konstrukt handelt.

Sinti:zze und Rom:nja

sind die Selbstbezeichnungen einer stark ausdifferenzierten Minderheit in Deutschland. Sie ist seit dem Ende des 14. Jahrhunderts in Europa beheimatet und in Deutschland als nationale Minderheit anerkannt.

Sexismus

umfasst jede Art der Diskriminierung aufgrund des (zugeschriebenen) Geschlechts und hat sich insbesondere der Frauenbewegung und –forschung gewidmet. Sexismus meint die Bewertung, Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Selbstzuschreibung

ist das Verständnis einer Person zur eigenen Identität. Eine Selbstzuschreibung dient dazu, sich selbst in der Gesellschaft zu verorten und auf Fremdbezeichnungen und –wahrnehmungen mit einem Selbstbild zu reagieren. Selbstzuschreibungen entstehen oft aus Fremdzuschreibungen, die internalisiert wurden oder ist eine Reaktion auf Fremdzuschreibungen in der Gegenwart oder der Vergangenheit. Marginalisierten Menschen werden ihre Selbstzuschreiben oft verweigert.

Schwarz

ist eine politische Selbstbezeichnung von Menschen afrikanischer und afro-diasporischer Herkunft, Schwarzen Menschen, Menschen dunkler Hautfarbe und People of Color. Der Begriff ist empanzipatorisch und entstand aus der Widerstandsbewegung. Er soll eine gemeinsame Position in einer rassistischen Gesellschaft verdeutlichen und fasst geteilte Erfahrungen des Rassismus für marginalisierte Personengruppen zusammen.

BIPoC*

bedeutet ausgesprochen Black, Indigenous, People of Color und ist eine politische Selbstbezeichnung. Der Begriff soll Menschen zusammenfassen, die Rassismuserfahrungen machen und die Vielfältigkeit von Rassismuserfahrungen sichtbar machen. Er soll vor allen Dingen Solidarität über die Grenzen marginalisierter Personengruppen hinaus ermöglichen.

People of Color

ist eine politischer Selbstbezeichnung (kurz PoC), die nicht-Weiße Menschen und die Vielfältigkeit ihrer Rassismuserfahrungen solidarisch zusammenfasst.

Queer

ist eine Selbstbezeichnung, die auf der positiven Aneignung des ehemals negativ konnotierten Begriffs basiert. Im Deutschen Sprachgebrauch verfolgte das Wort schwul einen ähnlichen Weg von Fremdzuschreibung hin zur Selbstzeichnung. Heute wird der Begriff Queer oft als ein Sammelbegriff für LSBTI verwendet. Der Begriff soll ein Leben fernab heteronormativer Vorstellungen der Mehrheitsgesellschaft zusammenfassen.

LSBTIQ*

ist das deutsche Akronoym für LGBTQ*, also Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* Personen, intersexuelle Personen und queere Personen.

Blackface, Yellowface, Redface

sind Begriffe für das Schminken Weißer Schauspieler*innen als Schwarze, ostasiatische oder indigene Person. Blackface ist ein Begriff für das Anmalen und Schminken von Weißen Personen mit brauner oder schwarzer Schminke, um auf der Bühne eine Schwarze Figur zu spielen. Der Begriff stammt aus den US-amerikanischen Minstrel Shows der 1820er Jahre, in denen Weiße Schauspieler*innen Karikaturen des Lebens und Alltags von Schwarzen Menschen in Amerika darstellten. Dafür malten sie sich das Gesicht mit schwarzer Schuhcreme und die Lippen in knalligem rot an. Die erste Aufführung von Blackface in Deutschland wurde mit „Onkel Toms Hütte“ 1878 in Berlin nachgewiesen. Blackface wurde in den 1910er und 1920er Jahren zum gängigen Stilmittel in Film und Theater und wurde erst 2011 während der Aufführung am Deutschen Theater in Berlin und ähnlichen Auftritten in Folgejahren auch in Deutschland kritisch hinterfragt. Blackface in Deutschland erfüllte langjährig die Stereotypisierung von Schwarzen Menschen und die Reproduktion einer Weiß-deutschen Dominanzgesellschaft, in der Schwarze Menschen als „die Anderen“ konstruiert werden. Die Blackface-Tradition Deutschlands verstärkte auch die Marginalisierung Schwarzer Schauspieler*innen.
Yellowface ist die rassistische Praxis, dass Weiße Schauspieler*innen sich mithilfe von Make-up als ostasiatische Charaktere inszenieren und ihr Erscheinungsbild entlang von Stereotypen zu ändern. Redface ist die rassistische Praxis, sich bräunlich oder rötlich zu schminken, um Stereotype über das Erscheinungsbild und Merkmale von indigenen Nordamerikaner*innen zu reproduzieren.

Diskriminierung

bezeichnet die ungleiche und benachteiligende Behandlung von (zugeschriebenen und wahrgenommenen) Personengruppen. Diese Benachteiligung geschieht in Form von mangelndem Zugang zu Gütern und Ressourcen sowie ausgrenzendem und herabwürdigendem Verhalten, denn der Begriff steht sowohl für Diskriminierung als Ergebnis, als auch als Vorgang. Diskriminierung benötigt soziale, wirtschaftliche, politische und diskursive ungleiche Machtverhältnisse. Diskriminierung kann auf subjektiver, interaktionaler, institutioneller, gesellschaftlich-kultureller und struktureller Ebene erfahren werden.

Marginalisierung

umfasst die Verdrängung von Bevölkerungsgruppen an den Rand der Gesellschaft. Sie findet in einem Machtgefüge statt und geschieht in Folge von Diskriminierungserfahrungen. Die Marginalisierung einer Bevölkerungsgruppe geht einher mit einem Machtverlust. Sie schließt von der Partizipation am sozialen Leben aus und geht mit einem Verlust von Ressourcen, Einflussmöglichkeiten und Status einher.

Othering

ist das englische Fachwort für die Konstruktion eines „Wir gegen die Anderen“, wobei „die Anderen“ (the Other) immer negativ dargestellt werden. Sie sind weniger gebildet, demokratisch, emanzipiert, etc. Othering ermöglicht es, mit dem Gegenbild „der Anderen“ eine homogene Gesellschaft mit einem geeinten „Wir“ zu erstellen, die keinen Raum für „Andere“ lässt. Othering findet oft gemeinsam mit kulturalistischen Argumentationen statt und soll marginalisierte Bevölkerungsgruppen dämonisieren und als „fremd“ erscheinen lassen. Infolge dessen entsteht eine nationale Leitkultur entlang der Norm der Mehrheitsgesellschaft.

Diversität

geht über den Begriff der Vielfalt hinaus und fokussiert sich auf die gesellschaftlichen Folgen von Diskriminierung. Diversität steht im engen Zusammenhang mit Empowerment. Diversität problematisiert gesellschaftliche Machtverhältnisse in Form von Diskriminierungskritik, Macht- und Normenkritik, Intersektionalität, Empowerment und Powersharing.

Essentialisierung

bedeutet die Reduzierung eines Individuums auf einzelne Merkmale, die überbetont werden (z.B. Geschlechtszugehörigkeit, Religion). Indem Menschen auf Merkmale reduziert werden und kategorisiert werden, werden sie stereotypisiert und fernab ihrer Individualität be- und verurteilt. Essentialisierung ist ein elementarer Teil der Kulturalisierung.

Fremdzuschreibung

ist die Zuweisung einer Eigenschaft oder Zugehörigkeit durch eine andere Person oder Gruppe. Diese Zuschreibungen können entlang von Differenzkategorien wie Geschlecht, Religion und Ethnizität geschehen. Fremdzuschreibungen sind diskriminierend, wenn die zugewiesenen Merkmale mit Vorurteilen verknüpft sind und ein Individuum auf zugeschriebene Kategorien reduziert wird.

Klassismus

umfasst die Diskriminierung von Menschen aufgrund eines (zugeschriebenen) ökonomischen, sozial- oder bildungspolitischen Status und Herkunft. Klassismus findet auf interaktionaler, institutioneller oder auch gesellschaftlich-kultureller Ebene statt.

Kulturelle Aneignung

ist ein Prozess, bei dem Elemente einer Kultur enteignet, aus dem Zusammenhang gerissen und in einen anderen Kontext gesetzt werden. Kulturelle Aneignung wirkt entgegen der Praxis der Kulturellen Wertschätzung, bei der lernen, zuhören, verstehen und respektieren im Fokus stehen. Bei einer kulturellen Aneignung werden kulturelle Symbole, Artefakte oder Praktiken für den eigenen Nutzen entwendet und verwendet, ohne Möglichkeiten der Teilhabe für Menschen der Kultur zu schaffen.

UN-Behindertenrechtskonvention

regelt den Begriff der Barrierefreiheit und legt den Anspruch auf Gleichberechtigung fest. Sie ist bindend für Deutschland und betont den Zugang zu kultureller Teilhabe als Grundvoraussetzung eines teilhabegerechten Lebens für Menschen mit Behinderung.

Charta der Vielfalt

umfasst unter ein vierstufiges Modell zu Vielfaltsdimensionen. Die Charta der Vielfalt will Anerkennung, Wertschätzung und die Einbeziehung von Diversität in der Arbeitswelt erreichen.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

kurz BSFG, wird ab Juni 2025 in Kraft verpflichtend und besagt unter anderem, dass Anbieter*innen elektronischer Dienstleistungen dazu verpflichtet sind, barrierefreie Webseiten im Sinne des Gesetzes zu gestalten.

Das Grundgesetz

besagt nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Damit gibt es einen rechtlichen Grundsatz, der den Zugang und die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung zur Gesellschaft regelt.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

wird umgangssprachlich auch das Antidiskriminierungsgesetz genannt. Es regelt Benachteiligungen entlang von „Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“.